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Zwar waren unter den Mitgliedern der Stadtduma in Baku wohl mit Ausnahme von
Arnold Feigl - keine Deutschen, aber in der Verwaltung finden sich neben den großen
Baumeistern der Stadt, wie I.V. Goslavskij und Ploško u.a. die Namen von Nicolaj Augustovi
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von der Nonne, Ferdinand A. Lehmkuhl, P. Štern, I.V. Edel und Adol’f Vasil‘evi
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Eichler, die
als Architekten im Stadtbild Bakus ihre Spuren hinterließen.
Der wohl herausragendste Vertreter war Oberst von der Nonne (1836-?). Der studierte
Militäringenieur wurde 1883 zum Bakuer Stadtingenieur berufen und verantwortete bis
1895
die Bauaktivitäten der prosperierenden Metropole. Immerhin wuchs die bebaute Fläche
im Bakuer Altstadtgebiet von 63,7 Hektar (1843) auf das mehr als Zehnfache an (1914).
Allein zwischen 1878 und 1900 wurden 361,8 Hektar neu bebaut, darunter waren 9.282
Wohngebäude. Zwischen 1889 und 1902 war von der Nonne sogar Oberhaupt der Stadt.
Am 4. März 1897 beauftragte ihn die Bakuer Stadtduma, einen Generalbebauungsplane
auszuarbeiten, auf dessen Grundlage das heutige Zentrum mit seinen repräsentativen
Gründerbauten entstand. Von der Nonne selbst projektierte neben der Luxusvilla von
Claude de Burr (mit I.V. Goslavskij und Z. Achmedbekov) auch den Komplex des städtischen
Krankenhauses, der 1888 bis 1913 in der Balachanskaja uliza entstand.
Neben von der Nonne war Ferdinand A. Lehmkuhl, ab 1880 Techniker der Bakuer
Stadtverwaltung, als Architekt tätig. Unter seiner Leitung entstanden allein zwischen 1886
und 1888 17 Häuser vor allem in der Nähe der Stadtmauer. Er entwarf 1882 auch das Projekt
für das erste Theater des Erdölmillionärs Z.A. Tagiev, welches Ende 1883 fertiggestellt wurde
und 578 Zuschauern Platz bot. Nachdem es 1890 mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet,
rekonstruiert und 1909 nochmals erweitert worden war, brannte es im gleichen Jahr ab. Über
den Architekten des Neubaus ist bisher nichts bekannt. Allerdings sollte sein Werk ebenso
wie das von Lehmkuhl nicht lange bestehen. Das Theater brannte nach der Neueröffnung
am ende September 1910 am 1. Februar 1918 erneut. Die Beteiligung am Wiederaufbau des
Tagievschen Theaters durch einen weiteren deutschen Architekten scheint nicht abwegig zu
sein.
Adol’fVasil‘evi
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Eichler(?-1911)warvon1892bis1911BezirksarchitektderStadtverwaltung
und errichtete u.a. die Evangelische Kirche (1895-1897) von Baku im romano-gotischen Stil.
Eichler orientierte sich dabei an der Hl. Elisabeth Kirche in Marburg. Er gilt als Förderer
des gotischen Stils in Baku, wie er sich schließlich im Bau der „Ismailija“ (1908-1913),
dem heutigen Gebäude des Präsidiums der Akademie der Wissenschaften Aserbaidschans,
unter dem Architekten I.K. Ploško manifestierte. Eichler war gleichzeitig an verschiedenen
Entwürfen zum Bau des „Alten Bahnhofs“ beteiligt, und übte wie sein Kollege, der Architekt
I.V. Edel, verschiedene Lehrtätigkeiten aus.
Einen erstenÜberblick über die LeistungendeutscherArchitekten vermittelt nachfolgende,
sicher noch un vollständige, Tabelle:
Deutsche Architekten in Baku